Freitag, 16. April 2010

Schniefbruder

Stellen Sie sich vor, ein wildfremder Fahrgast im gleichen Abteil zieht den Naseninhalt ständig hoch, anstatt sich zu schneuzen. Ich hätte ihm eigentlich gerne ein Taschentuch gegeben, aber_... Karin S., Luzern

..._aber was? Warum haben Sie ihm denn kein Schneuztuch gegeben? Es hätte ihm, Ihnen selbst und allen anderen Mitreisenden geholfen! Eine solch freundliche Handreichung darf man ohne weitere Hintergedanken leisten. Der Schniefbruder gegenüber kann ja, falls es ihm wirklich nicht ums Reinigen seiner Atemwege geht, auch dankend ablehnen. Wahrscheinlicher ist aber, dass er ihr Angebot freudig angenommen und damit die unangenehme Situation im wahrsten Sinne aus der Welt gepustet hätte. Aber eben: Sie waren unsicher, ob der mutmasslich Erkältete gegenüber ihren Wink mit dem Zaunpfahl als Frechheit empfunden hätte. Wer in Gesellschaft anderer reist, der darf sich ganz entspannt mit den übrigen Anwesenden auseinandersetzen und gegebenenfalls auch mit ihnen kommunizieren. Das ist ja das Schöne am öffentlichen Verkehr: Man lernt mühelos andere Menschen kennen, und wenn es nur für eine Minute ist. Nutzen Sie diese kleinen Momente der Menschlichkeit intensiver, indem Sie offensiver kommunizieren! Ein Lächeln oder ein freundliches Wort öffnet Türen und Herzen. «Ich war letzte Woche auch schlimm erkältet», hätten Sie ihm sagen und das Paket mit den Papiertaschentüchern hinhalten können. Kein noch so gefühlskalter Mensch würde eine solche Freundlichkeit abschlagen. Ausser, wenn Sie ihm ein bereits benutztes Stofftaschentuch anbieten – aber das wollen wir nun mal nicht hoffen!

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