Freitag, 16. April 2010

Arbeitstiere

Ich bin etwas beelendet über die vielen Laptops, die ich auf längeren Fahrten immer sehe. Haben die Leute denn unterwegs nichts Schöneres zu tun? Martha G., Wohlen

Was schlagen Sie denn vor? Sollen sie eine Staffelei aufstellen, die Ölfarben auf einer Palette anmischen und die vorbeiziehende Landschaft malen? Dazu fahren die Züge heute doch zu schnell. Sollen sie die geistlosen Kürzesttexte der herumliegenden Gratiszeitungen auswendig lernen und rezitieren? Oder die Füsse hochnehmen und im Lotussitz meditieren? Dann würden die Polster ja schmutzig.

Es ist so: Diese vielen Laptops werden benutzt, um die Produktivität dieses schönen Landes hoch zu halten und darauf gescheite Dinge zu gebären. Ich kann Ihnen aus meiner über fünfjährigen Zeit als Langstreckenpendler sagen, dass die Texte, die auf Zugfahrten entstanden, zu meinen besten gehörten. Denn nirgendwo arbeitet man so konzentriert und ungestört wie im Zug. Das Schaukeln des Waggons löst die schönsten Gedankenketten aus. Ich habe ganze Bücher im Cisalpino zwischen Mailand und Zürich oder im TGV auf dem Weg nach Paris verfasst! Also: Nicht die Laptopbenutzer, sondern Sie müssen etwas verändern – nämlich Ihren Blickwinkel neu justieren. Laptops sind nicht böse, sondern die Freunde der Menschen.

Seien Sie also so nett und geben Sie die Plätze frei, an denen es eine Steckdose unter dem Tischchen hat, damit ein Laptop-Mensch mit müdem Akku wieder zu Kräften kommen kann. Auf dass mit den verschmähten Geräten noch mehr Schönes entwickelt wird!

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